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Ziele in agilen Unternehmen

Autorenbild: Corinna HCorinna H

Über smarte Ziele und OKRs

Meine gute Freundin Kristina hat mich gebeten, über eines der langweiligsten Themen zu schreiben, das ich mir vorstellen kann: Ziele und OKRs. Ok, challenge accepted, meine Liebe – es ist deine Schuld, wenn ich nach der Veröffentlichung meine beiden Follower verloren habe.

Ob es Ziele überhaupt grundsätzlich braucht oder nicht, wird ja immer wieder gerne diskutiert. Diese Debatte hat auch ihre Berechtigung, nicht überall müssen Ziele sinnvoll sein. Da es aber grundsätzlich schon eine feine Sache ist, wenn jeder im Unternehmen weiß, wohin die Reise gehen soll, schauen wir uns mal ein paar Basics zum Thema management by objectives an:

Ziele sollten SMART sein. Hat jeder schon mal gehört, oder? SMART bedeutet Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch und Terminierbar (oder etwas eleganter in Originalsprache Specific, Measurable, Achievable, Reasonable, Time bound):

  1. Spezifisch: Ziele sollen möglichst konkret und genau sein.

  2. Messbar: Ja, auch das. Was aber nicht heißt, dass nur quantifizierbare Ziele wertschöpfend sein müssen.

  3. Vom Umsetzenden akzeptiert: Es sind vor allem sinnstiftende und erreichbare Ziele in der Eigenverantwortung des Mitarbeiters, die mit maximaler Motivation verfolgt werden.

  4. Realistisch und umsetzbar: Auch logisch – wenn das Ziel unerreichbar scheint, fängt man im Zweifelsfall gar nicht erst an. Das ist tatsächlich der am häufigsten gemachte Fehler bei der Zielvereinbarung, besonders beliebt im Vertrieb mit Umsatzzielen.

  5. Terminierbar: Priorisierbarkeit setzt Deadlines voraus.

Die Priorisierbarkeit von Zielen und Aufgaben der Schlüssel zu effizienter Arbeit: “Effective executives do first things first and second things – not at all!” wusste schon Wirtschaftsguru Peter Drucker. Wenn die Zielerreichung mit monetären Anreizen verbunden ist, kann es allerdings passieren, dass die Priorisierung nach hinten los geht und alle anderen, nicht direkt incentivierten Aufgaben vernachlässigt werden. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, schlägt Malik die Einführung von Rahmenbedingungen der täglichen Routineaufgaben vor, sog. standards of performance.

Vor ein paar Jahren kam neuer fancy shit von Google über den großen Teich geschwappt: OKRs, Objectives and Key Results. In a nutshell: OKRs sind ein agiles Framework, mit dem die strategische Unternehmensvision auf die operative Ebene heruntergebrochen und umsetzbar gemacht wird. OKRs wurden allerdings nicht von Google erfunden, sondern bereits in den 90er Jahren bei Intel eingeführt. Von Google wurde das Konzept dann 1999 adaptiert und publik gemacht.

Die objectives sind die mittel- bis langfristigen Unternehmensziele, während die key results konkrete, quantifizierbare Ergebnisse sind, die für einen kürzeren zeitlichen Rahmen (zwei bis vier Monate, häufig Quartalsziele in der Praxis) definiert und über das gesamte Unternehmen hinweg transparent gemacht werden. Das Übersetzen der Unternehmensvision in portionierbare, verständliche Häppchen und die besagte Transparenz fördert das Commitment der einzelnen Mitarbeiter: OKRs sind sinnstiftend, denn jeder möchte gerne wissen, wofür er täglich arbeiten geht. Eine Verknüpfung der Zielerreichung mit monetären Anreizen ist explizit nicht gewollt – damit sie ambitioniert gesetzt werden. Damit bewegen sich OKRs schon stark in die Richtung der agilen Werte: Man legt den Fokus auf das Wesentliche, holt sich Feedback ein und passt die Ziele bei Bedarf an geänderte Rahmenbedingungen an. Die Erreichbarkeit steht allerdings noch zur Diskussion.

Wie funktioniert nun das Arbeiten mit OKRs konkret?

Wie bei anderen agilen Methoden ist die Struktur der OKRs nicht absolut vorgegeben, sondern auf die jeweilige Situation im Unternehmen anpassbar. Es sollten jedoch pro Zyklus maximal 5 objectives mit jeweils nicht mehr als 4 key results definiert werden. Nicht erreichte Ziele werden in den nächsten Zyklus übertragen. Wenn ein Ziel dreimal übertragen wurde, sollte es kritisch überdacht werden. Das empfahl übrigens auch schon Malik in seinem klassischen mbo-Ansatz: Wenige, dafür große und personalisierte Ziele wählen und laufend deren Wichtigkeit hinterfragen.

Das konsequente Durchziehen des OKR-Programms  erfordert wie bei allen agilen Tools Disziplin. Ähnlich zum Scrum-Framework gibt es verschiedene einsetzbare OKR-Events:

  1. OKR-Plannings zur Zieldefinition

  2. Das weekly OKR, ein wöchentliches Statusupdate

  3. Der OKR Review am Ende des Zielzyklus

  4. Die Retrospektive analog zum Scrum-Prozess

Weiterhin gibt es im OKR Framework verschiedene Rollen, die als Coach oder Moderator fungieren und die Verantwortung für die Einhaltung der Events innehaben: den OKR Master, den OKR Champion und den OKR Ambassador (führt mir jetzt inhaltlich zu weit, ich wollte sie aber erwähnt haben).

Die Grundphilosophie hinter den OKRs ist übrigens, dass jeder Mitarbeiter intrinsisch motiviert ist und von sich aus bestmögliche Arbeitsergebnisse anstrebt; OKRs sollen uns also dabei helfen, den Fokus nicht zu verlieren.

Interessanterweise werden die objectives vor allem in amerikanischen Firmen so hoch angesetzt, dass sie knapp nicht erreichbar sind und immer als kleine gemeine Präsenz im Hinterkopf an einem nagen. Negative Zielerreichungen sollen als Learnings geschätzt werden und so individuelle Weiterentwicklung bewirken. Ich persönlich bin kein Fan von diesem künstlich erzeugten Frustgefühl, für mich steht das im Widerspruch zum Grundgedanken der intrinsischen Motivation eines jeden (ok, das ist sicherlich auch eine Idee, die eher der Arbeitgeberromantik als der Realität entsprungen ist). Zudem unterscheiden wir uns auch durch eine fehlende Kultur des Scheiterns von amerikanischen Unternehmen. Aber es bleibt ja jeder Geschäftsführung selbst überlassen, ob und in welcher Höhe sie sich für oder gegen OKRs entscheidet und wie man diese in der eigenen Unternehmenskultur etabliert.

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