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  • AutorenbildCorinna H

Die wichtigsten arbeitsrechtlichen Änderungen zum Jahreswechsel

Ihr Lieben, seid gegrüßt und ein gesundes neues Jahr 2023 für euch alle!


Der letzte Artikel ist nun schon wieder ein Weilchen her. Grade im Homeoffice hatte ich oft das Gefühl, dass die Zeit vergeht, ohne dass man es so richtig bemerkt. Jeder Tag ist gleich, zweiter Februar, Murmeltiertag. Dabei ist wahnsinnig viel passiert, nicht zuletzt durch Corona.


Die Pandemie war für uns herausfordernd auf so vielen Ebenen, doch man darf auch sagen, dass Corona uns ein paar überfällige Impulse in die richtige Richtung gegeben hat, zum Beispiel in Sachen remote work. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, in einer globalisierten Welt mit zunehmenden Fachkräftemangel an lokalen Insellösungen festzuhalten.

Zum Glück gibt es das deutsche Arbeitsrecht, denn wir wollen ja nicht gleich übertreiben mit der ganzen Digitalisierung ;) Und ich bin mir nicht sicher, wie es euch ergangen ist, aber ich habe vor einer Weile festgestellt, dass ich bei den ganzen rechtlichen Änderungen der letzten Monate etwas den Überblick verloren habe. Grund genug, zum Jahreswechsel die aktuellen Änderungen einmal zusammenzusammeln und mit euch zu teilen:


1. Energiepauschale


Im September 2022 haben alle Arbeitnehmenden eine Energiepauschale in Höhe von 300,00€ als steuerpflichtigen Gehaltszuschuss erhalten. Empfangsberechtigt waren grundsätzlich alle einkommenssteuerpflichtig Erwerbstätigen, pauschalbesteuerte Minijobber, Gewerbetreibende und Selbständige. Letztere erhielten die Energiepauschale in Form einer Steuersenkung. Berechtigter Kritikpunkt waren neben dem erhöhten administrativen Aufwand für die Arbeitgeber die Vernachlässigung besonders bedürftiger Personengruppen wie Studierende oder Renter*innen. Hier wurde nachgebessert: Diesen Januar wird die Deutsche Rentenversicherung einmalig und automatisch 300,00€ an alle Rentner*innen und pensionierte Beamte ausbezahlen. Für Studierende ist für den Jahresbeginn eine Einmalzahlung in Höhe von 200,00€ geplant, diese muss allerdings beantragt werden.


2. Nachweisgesetz


Ja, das hat uns Personalern viel Kopfzerbrechen bereitet, weil es doch etwas überraschend zum 01. August 2022 reformiert wurde und einige Änderungen mit sich brachte. Es gab ein paar wilde Gerüchte darüber, was zu ändern ist und was neu gemacht werden muss. Wenn man sich allerdings etwas tiefgehender damit beschäftigt hat, konnte man feststellen, dass die Änderungen schon irgendwie Sinn machen. Da Altverträge auch nicht zwingend aktualisiert werden mussten, haben wir die Vertragstemplates für Neueinstellungen einmal gründlich überarbeitet, und ab und zu mal die Bestandsverträge zu prüfen und die Vertragsvorlagen zu überarbeiten ist nicht verkehrt. So sieht es nun aus:


Bisher (alte Regelung) mussten Verträge enthalten:

  • Den Namen und die Adresse des Arbeitnehmenden

  • Das Startdatum

  • Bei befristetem Vertrag die Dauer der Befristung

  • Der Arbeitsort

  • Der Name der Stelle sowie die Stellenbeschreibung

  • Das Gehalt, fixe und variable Komponenten

  • Die Arbeitszeit

  • Der Urlaubsanspruch

  • Die Kündigungsfrist

  • Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge, falls vorhanden


Laut der neuen Regelung müssen Verträge, die ab dem 01.08.2022 ausgestellt werden, nun auch enthalten:

  • Bei befristetem Vertrag: das konkrete Datum, an dem das Arbeitsverhältnis endet

  • Der Bezug auf die freie Wahl des Arbeitsortes, falls zutreffend

  • Der Umgang mit Überstunden

  • Vereinbarte Pausenzeiten

  • Konkrete Vereinbarungen zum Schichtsystem, falls vorhanden

  • Konkrete Vereinbarungen zur Rufbereitschaft, falls vorhanden

  • Konkrete Vereinbarungen zu Fortbildungsmöglichkeiten, falls vorhanden

  • Bei der Förderung einer betrieblichen Altersvorsorge ist der Name und die Adresse des jeweiligen Versicherungsanbieters zu benennen

  • Details zum Kündigungsprozess: Schriftformerfordernis, Kündigungsfrist und die Frist für die Erhebung einer der Kündigungsschutzklage

  • Die Dauer der Probezeit. Hierbei ist zu beachten, dass die Probezeit „verhältnismäßig“ sein muss. Leider wurde der Begriff der Verhältnismäßigkeit noch nicht genauer definiert, man kann aber getrost davon ausgehen, dass bspw. bei einem einjährigen befristeten Vertrag eine sechsmonatige Probezeit unverhältnismäßig ist.

Vom Einsatz digitaler Unterschriften ist derzeit abzuraten. Die Rechtslage war schon vor der Überarbeitung des Nachweisgesetzes schwierig, jetzt dürfen Verträge nur noch unter sehr eingeschränkten Umständen digital unterschrieben werden, was die praktische Umsetzung sehr (zu) umständlich macht.


3. Zeiterfassung


Seit September 2022 sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden zu dokumentieren. Das Format der Erfassung ist nicht vorgegeben, notfalls reichen Zettel und Stift. Es macht auch Sinn, in diesem Zusammenhang die bisherige vertragliche Regelung zur Erfassung von Mehrarbeit zu hinterfragen und zu ggf. überarbeiten.


4. Digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung


Einen Fortschritt in Sachen Digitalisierung gibt es bei der Krankmeldung: Ab dem 01. Januar 2023 gilt für alle Arbeitgeber mit gesetzlich krankenversicherten Angestellten die digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Im Krankheitsfall soll der Arbeitnehmende den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit informieren und das Datum des Arztbesuchs mitteilen. Die Verpflichtung zur Abgabe des „gelben Scheins“ entfällt, der Arbeitgeber ruft die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über eine digitale Schnittstelle bei der Krankenkasse ab – so weit die Theorie.


Dieser neue Prozess ist ebenfalls ein Erbe aus Corona-Zeiten: Im Mai 2021 wurde das „Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz“ (DVPMG) von der Bundesregierung verabschiedet, als Teil der politischen Initiative zur Digitalisierung u.a. des Gesundheitswesens.


Ich persönlich bin gespannt, ob sich der Prozess in dieser Form durchsetzt, denn den ganz großen Mehrwert für Arbeitgeber, Angestellte und Ärzt:innen habe ich noch nicht erkannt, zumal die technischen Voraussetzungen auch noch nicht überall vorliegen.


5. Mindestlohn


Ok, das sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben: der gesetzliche Mindestlohn für Angestellte, freiwillige Praktikant:innen, Werkstudent:innen und Minijobber beträgt seit dem 01.10.2022 12,00€. Ein höherer Mindestlohn gilt seit Januar 2023 für verschiedene Handwerksberufe und Pflegefachkräfte.


Ausgenommen vom Mindestlohn sind weiterhin Pflichtpraktikant:innen, Auszubildende und alle Mitarbeitenden, bei denen der Zweck der Ausbildung im Vordergrund steht. Für Azubis gilt seit 2023 jedoch im ersten Lehrjahr eine Mindestvergütung von 620,00€.


6. Inflationsausgleichsprämie


Arbeitgeber durften vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2022 einen steuer- und sozialversicherungsfreien Einmalbonus in Höhe von bis zu 3.000,00€ an die Mitarbeitenden auszahlen. Dies sei der Vollständigkeit halber erwähnt, da die Möglichkeit besteht, dass dieser Zeitraum über den Jahreswechsel hinaus verlängert wird oder die Prämie in 2023 erneut möglich gemacht wird.


7. Homeoffice vs. remote work


Auch wenn sich der Begriff “Homeoffice” als Synonym für remote work/ mobile work etabliert hat, ist es wichtig, kurz festzustellen, dass sich die rechtlichen Bedeutungen unterscheiden. Heimarbeit im klassischen Sinne muss den geltenden rechtlichen Anforderungen im Hinblick auf Arbeitszeitgesetz, Datenschutz und Arbeitssicherheit entsprechen:


Arbeitssicherheit: Eine Inspektion des Arbeitsplatzes ist nicht notwendig, aber der Mitarbeitende muss nachweisbar über die geltenden Sicherheitsvorschriften informiert worden sein. Arbeitgeber und Arbeitnehmende sollten zudem Vereinbarungen über eine sachgemäße Ausstattung des Heimarbeitsplatzes treffen. Diese entsprechen den Anforderungen eines Telearbeitsplatzes.

Datenschutz: Der Arbeitgeber ist vor Beginn der Heimarbeit dafür verantwortlich, dass alle Regelungen zum Datenschutz eingehalten werden.

Arbeitszeitgesetz: Der Arbeitgeber muss alle Angestellten in Heimarbeit nachweisbar über die korrekten Arbeitszeiten informieren.


Die aktuelle SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung vom 01.10.2022 erlaubt Angestellten allgemein das Arbeiten von verschiedenen Orten, allerdings sind die meisten rechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang noch ungeklärt. Da die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung erst einmal nur bis zum 07. April 2023 gilt, bleibt abzuwarten, was danach kommt – ich bin gespannt.

„Mobile work“ ist übrigens mitbestimmungspflichtig.

8. Arbeitgeberbeteiligung bei der betrieblichen Altersvorsorge


Dass Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, eine Form der betrieblichen Altersversorgung anzubieten, ist bekannt. Seit 2022 muss der Arbeitgeber diese nun auch mit einen Zuschuss von mindestens 15 Prozent unterstützen, wenn diese über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds läuft. Voraussetzung dafür ist, dass de Arbeitnehmende eigene Gehaltsbestandteile in die BAV umwandelt und so Sozialversicherungsbeiträge einspart. Da diese Verpflichtung auch für Altverträge gilt, auf die die neue gesetzliche Regelung u.U. nicht angewandt werden kann, sollten alle Altverträge einzeln von einer Fachperson geprüft werden.


9. Erhöhung des Freibetrages für Sachbezüge als geldwerten Vorteil


Im Januar 2022 wurde die Grenze für die Steuerbefreiung geldwerter Vorteile von 44,00€ auf 50,00€ erhöht. Dieser Wert wurde in 2023 nicht verändert. Allerdings wurde der Verpflegungs-Monatswert von 270,00€ auf 288,00€ angepasst. Dabei entfallen auf das Frühstück 60,00€ und auf Mittag- und Abendessen jeweils 114,00€.





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