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  • AutorenbildCorinna H

Wie fair pay ist equal pay?

"Geld ist der Schlüssel zur Freiheit." (Coco Chanel)


[Werbung, unbezahlt] Auch diesen Januar hat das Statistische Bundesamt die aktuellen Daten zu den unterschiedlichen Einkommenshöhen von Frauen und Männern (gender pay gap) veröffentlicht (Quelle), und dazu gibt es eine Menge zu sagen. Denn obwohl es sich mittlerweile herumgesprochen hat, das divers aufgestellte Unternehmen erfolgreicher sind, hat sich zumindest an den Gehaltsunterschieden zwischen den Geschlechtern trotz der hitzig geführten öffentlichen Diskussion in den letzten Jahren nicht allzu viel geändert. Die unbereinigte gender pay gap, der statistische Unterschied der Durchschnittsgehälter von Frauen und Männern, betrug im Jahr 2022 18%, genau wie in den beiden Jahren zuvor. Der bereinigte gender pay gap, also die Differenz der Gehälter, aus welchem strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern wie z.B. Teilzeit oder Bildungsabschlüsse herausgerechnet wurden, bleibt ebenfalls bei stabilen 7%.


Gut, man kann damit argumentieren, dass strukturelle Probleme, die über Jahrzehnte gewachsen sind, nicht von heute auf morgen durch ein paar Medienkampagnen, einem halbgaren Gesetz zur Entgelttransparenz und freiwilligen Besetzungsquoten in den Führungsetagen zu lösen sind. Da gehe ich mit und ich glaube auch, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis wir diesen alten Strukturen entwachsen sind. Umso mehr habe ich mich über das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.02.2023 gefreut, welches der Klägerin Frau Susanne Dumas eine Kompensation in Höhe von 14.500,00€ zzgl. 2.000,00€ Entschädigung aufgrund von geschlechtsdiskriminierender Entlohnung zugesprochen hat. Frau Dumas war im Vertrieb einer Metallfirma angestellt, zusammen mit einem männlichen Kollegen, der bei gleicher Qualifikation ein um mehrere hundert Euro höheres Entgelt erhalten hatte. Der Arbeitgeber hatte sich als Begründung für den Gehaltsunterschied auf eine längere Betriebszugehörigkeit sowie besseres Verhandlungsgeschick des Kollegen berufen, doch die Vorsitzende Richterin des BAG sah das anders, für sie lag eine klare Geschlechterdiskriminierung vor. Frau Dumas musste sich durch mehrere Instanzen klagen, um zu ihrem Recht zu kommen, und ich hoffe, dass dieses Urteil vielen Frauen den Mut gibt, es ihr nachzutun.


Noch ein paar Worte zum Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG), denn das ist mir seit seiner Einführung 2017 ein Dorn im Auge. Dieses Gesetz gesteht Arbeitnehmenden grundsätzlich das Recht zu, anonymisiert Gehaltsdaten für gleichwertige Positionen im Unternehmen zu erhalten, um eine Vergleichbarkeit zum eigenen Einkommen herstellen zu können. Damit kann man dann rechtlich gegen eine eventuelle Diskriminierung vorgehen, zumindest in der Theorie. Leider gehört dieses Gesetz schon jetzt dringend überarbeitet, auch wenn es eigentlich noch recht jung ist. Schwierig wird es gleich bei der Umsetzung des ersten Satzes: „Ziel des Gesetzes ist es, das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen.“ Diesem Ziel ist man nun offensichtlich seit 2017 keinen Schritt näher gekommen. Doch woran könnte das liegen? Es liegt ja erst einmal die ehrbare Absicht zugrunde, dass man(n) oder frau Gehälter von Kolleg*innen abfragen darf, um zu sehen, wie fair das eigene Gehalt im Vergleich ist. Leider steckt der Teufel im Detail, denn die Bedingungen für die Offenlegung dieser Gehaltsdaten reduziert die Zielgruppe der Verpflichteten schon auf einen relativ kleinen Anteil von Unternehmen. Aus Gründen des Datenschutzes greift das Gesetz erst bei Firmen mit 200 Mitarbeitenden oder mehr: §12 (1) Reichweite: „Der Anspruch nach § 10 besteht für Beschäftigte nach § 5 Absatz 2 in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber.“.


Nun umfasst in Deutschland der Anteil der KMU (bis 500 Mitarbeitende) rund 99,6 % aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen. In ihnen sind etwa 59,2 % aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten angestellt (Quelle). Dazu arbeiten Frauen häufiger in kleineren Betrieben mit weniger als 250 Angestellten (Quelle). Schon an dieser Stelle bildet das Entgelttransparenzgesetz die betriebliche Wirklichkeit also nicht grade optimal ab.


Weiterhin sind größere Unternehmen oft tarifvertraglich gebunden und/ oder haben einen Betriebsrat, oder zumindest feste salary ranges. All diese Punkte sorgen (mehr oder weniger) für weniger Willkür auf Entscheidungsebene und dadurch für gerechtere Gehaltsstrukturen.

Umgekehrt kommt das EntgTransG an den Stellen, an denen es besonders wichtig wäre, per Definition gar nicht zur Anwendung.


Grundsätzlich sehe ich mich im beruflichen Umfeld als Vertretung der Unternehmensseite. Ich verhandele gerne und habe auch kein Problem damit, harte Business-Entscheidungen zu treffen und umzusetzen. Aber mit dem Entgelttransparenzgesetz hat Deutschland leider wieder einmal mehr bewiesen, wie unmodern und verkrustet das Mindset vieler Entscheider aus Wirtschaft und Politik noch ist. Da kann ich mich persönlich auch nicht mehr an dem betriebwirtschaftlichen Gedanken erfreuen, dass ein paar Euro Personalkosten gespart werden. Strukturelle Benachteiligungen bestimmter Personengruppen sollten und können mit einfachen Mitteln vermieden werden, es braucht nur etwas guten Willen.


Nun, genug geschimpft. Am 07. März ist wieder equal pay day, der Tag im Jahr, bis zu dem Frauen gesamtgesellschaftlich gesehen umsonst gearbeitet haben. Vielleicht nimmt sich ja doch einmal das ein- oder andere Unternehmen diesen Aktionstag zum Anlass, bestehende Gehaltsstrukturen zu überarbeiten. Ich empfehle dafür gerne, mit externen Gehaltsbenchmarks zu arbeiten. Diese sind objektiv und erlauben, für das eigene Unternehmen passende Gehaltsranges abzuleiten. Diese sollten regelmäßig aktualisiert und vielleicht sogar den Mitarbeitenden transparent gemacht werden. Ja, das ist viel Arbeit, weil es eine geordnete Titelstruktur sowie aktuelle Rollenbeschreibungen voraussetzt. Aber sind wir mal ehrlich, beides sollte eine vernünftig aufgestellte Personalabteilung haben.


Zu guter Letzt ein paar Praxistipps: Wenn ich salary ranges anhand einer Gehaltsbenchmark erstelle, arbeite ich gerne mit den Gehaltsdaten von Willis Towers Watson, die haben sich schon mehrfach bewährt. Allerdings sind sie nicht ganz günstig und der Umgang damit ist nicht selbsterklärend, eine kurze Schulung vorab macht Sinn. Vergleichbar Gutes habe ich auch schon von Korn Ferry gesehen, allerdings selber noch nicht implementiert.

Wenn es nicht gleich tausende Euros für Gehaltsdaten sein müssen, hat sich mittlerweile die Plattform Glassdoor zu einer validen Datenbasis gemausert. Ich nutze Glassdoor selber gerne zum Gegenchecken oder wenn es mal quick & dirty gehen darf. An sonsten bietet LinkedIn mittlerweile auch Gehaltsranges an, allerdings als kostenpflichtige Premiumfunktion. An sich ein sehr cooles Feature, ich habe allerdings bisher nur punktuell mit diesen Daten gearbeitet und kann noch nicht einschätzen, wie gut die Daten dort schon sind – ich behalte das aber auf jeden Fall im Auge und werde euch auf dem Laufenden halten.



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